Als Emma fort geht
Als Emma fort geht, ist der Himmel klar. Es riecht nach Sommer und nach einer Leichtigkeit, die schwer zu ertragen ist. Irgendwo da oben, im unendlichen Blau, das sie hinter den Mauern nicht sieht, erscheinen die Konturen des Mondes, der bald scheinen wird, nur wann?
Mit federnden Schritten geht sie weg, langsam, aber sicher im Schritt, ihr Körper funktioniert. Manchmal verharrt sie fast unmerklich in ihren Bewegungen, als überlege sie, umzudrehen, doch der Reflex schickt sie weiter, ihre Knie, Hüften, Beine, Gelenke arbeiten wie immer, spüren keine Veränderung, tragen und ertragen sie wie sonst auch.
Jede Stufe ist ein Schritt fort, jeder Meter ein kleiner Abschied, und plötzlich ist die Treppe ein Ort der Traurigkeit. Hohe Wände verschlucken trotz Hall ihre Schritte, zu wenig Raum für Tränen, obwohl ihre Tränen die Urin gelben Wände weiß waschen könnten. Weißer als ihr Gewissen, weiser als ihre Entscheidung, verwaist wie Emma. Die dicke Eichentür fällt ins Schloss.
Ihr Schritt auf die Straße hält die Welt an. Autos fahren in Zeitlupe vorbei und bleiben stehen. Ein Taxifahrer drückt wütend auf die Hupe, doch es ist nichts zu hören. Der schmallippige Student auf der anderen Straßenseite brüllt etwas in ihre Richtung, doch es bewegen sich nur Lippen, die Botschaft kommt nicht an. Die Geräusche der Großstadt sind verschluckt, die übliche Schnelllebigkeit versteckt sich hinter verspiegelten Sonnenbrillengläsern.
Sie geht, verharrt, zögert, bleibt stehen. Sucht ein Ziel, findet keines und geht trotzdem los. Das Wohin ist nicht wichtig, das Woher hat sie vergessen, das Warum will sie verdrängen, das Wie hat sie hinter sich. Sie sehnt sich nach Wind, der mit ihrem Haar spielt und vortäuscht, sie zu streicheln, der ihr die Lust nach Tränen aus dem Gesicht bläst und ihre Bitterkeit verweht. Wehe, Wind. Wehe, du weinst. Weh, es tut so weh.
Von Gedankenfetzen getragen spaziert sie über aufgerissenen Asphalt, in dem Ameisen und Kellerasseln scheinbar planlos ihr Ziel suchen. Es riecht noch immer nach Sommer, aber der Himmel ist launisch, er hat Wolken hervorgezaubert, so weich wie die Zuckerwatte, auf der sie zu gehen scheint, doch von Süße keine Spur. Ihre Watte hat Kanten, verrinnt zum Nebel, und hinter ihrer Sonnenbrille wird ihr Blick trüb, als sie ferngesteuert über die Straße läuft und im Abgasdunst das Wasser sucht, das nach ihr ruft und irgendwo im Verborgenen liegt. Bremsen, Motoren, Autotüren, Stimmengewirr, Stimmen im Kopf, die Geräusche führen sie wie ein Blindenhund über die Straße.
Die Treppe nach unten ist mit Efeu bewachsen, das Geländer steht rostig und schief. Die Stufen enden in Kies, in den Ritzen des alten Steines ist dunkelgrünes Moos, das seine Flechten zieht. In der Ferne weint ein Kind. Es riecht nach Abend und frisch gemähtem Gras, das schon modert, weil es zu früh für laue Sommerabende und zu spät für alles andere ist.
Ein Schritt nach dem anderen, lautlos, zögerlich, kleine Steinchen knirschen unter ihren Schuhen. Der Fluss liegt vor ihr, still und glatt, es ist windstill, deshalb bleiben die Wellen unsichtbar. Sie hockt sich nieder, spürt das Gras zwischen ihren Fingern, das wie Sand verrinnt und grüne Spuren hinterlässt. Sie verharrt im Blick auf das Wasser, sucht ihr Gesicht, entdeckt nur weiche Bruchstücke, die verschwimmen, hat ihre Kanten verloren.
Als Emma fort geht, ist der Himmel grau. Es riecht nach Herbst und nach einer Schwere, die leicht zu ertragen ist. Die Dämmerung greift nach ihr mit kühlen Fingern, tastet nach ihrem Herz, hüllt es ein. Links oben, wo der Himmel dunkel wird, geht ein Stern auf, und irgendwo schreit wieder vergeblich ein Kind.
Mit federnden Schritten geht sie weg, langsam, aber sicher im Schritt, ihr Körper funktioniert. Manchmal verharrt sie fast unmerklich in ihren Bewegungen, als überlege sie, umzudrehen, doch der Reflex schickt sie weiter, ihre Knie, Hüften, Beine, Gelenke arbeiten wie immer, spüren keine Veränderung, tragen und ertragen sie wie sonst auch.
Jede Stufe ist ein Schritt fort, jeder Meter ein kleiner Abschied, und plötzlich ist die Treppe ein Ort der Traurigkeit. Hohe Wände verschlucken trotz Hall ihre Schritte, zu wenig Raum für Tränen, obwohl ihre Tränen die Urin gelben Wände weiß waschen könnten. Weißer als ihr Gewissen, weiser als ihre Entscheidung, verwaist wie Emma. Die dicke Eichentür fällt ins Schloss.
Ihr Schritt auf die Straße hält die Welt an. Autos fahren in Zeitlupe vorbei und bleiben stehen. Ein Taxifahrer drückt wütend auf die Hupe, doch es ist nichts zu hören. Der schmallippige Student auf der anderen Straßenseite brüllt etwas in ihre Richtung, doch es bewegen sich nur Lippen, die Botschaft kommt nicht an. Die Geräusche der Großstadt sind verschluckt, die übliche Schnelllebigkeit versteckt sich hinter verspiegelten Sonnenbrillengläsern.
Sie geht, verharrt, zögert, bleibt stehen. Sucht ein Ziel, findet keines und geht trotzdem los. Das Wohin ist nicht wichtig, das Woher hat sie vergessen, das Warum will sie verdrängen, das Wie hat sie hinter sich. Sie sehnt sich nach Wind, der mit ihrem Haar spielt und vortäuscht, sie zu streicheln, der ihr die Lust nach Tränen aus dem Gesicht bläst und ihre Bitterkeit verweht. Wehe, Wind. Wehe, du weinst. Weh, es tut so weh.
Von Gedankenfetzen getragen spaziert sie über aufgerissenen Asphalt, in dem Ameisen und Kellerasseln scheinbar planlos ihr Ziel suchen. Es riecht noch immer nach Sommer, aber der Himmel ist launisch, er hat Wolken hervorgezaubert, so weich wie die Zuckerwatte, auf der sie zu gehen scheint, doch von Süße keine Spur. Ihre Watte hat Kanten, verrinnt zum Nebel, und hinter ihrer Sonnenbrille wird ihr Blick trüb, als sie ferngesteuert über die Straße läuft und im Abgasdunst das Wasser sucht, das nach ihr ruft und irgendwo im Verborgenen liegt. Bremsen, Motoren, Autotüren, Stimmengewirr, Stimmen im Kopf, die Geräusche führen sie wie ein Blindenhund über die Straße.
Die Treppe nach unten ist mit Efeu bewachsen, das Geländer steht rostig und schief. Die Stufen enden in Kies, in den Ritzen des alten Steines ist dunkelgrünes Moos, das seine Flechten zieht. In der Ferne weint ein Kind. Es riecht nach Abend und frisch gemähtem Gras, das schon modert, weil es zu früh für laue Sommerabende und zu spät für alles andere ist.
Ein Schritt nach dem anderen, lautlos, zögerlich, kleine Steinchen knirschen unter ihren Schuhen. Der Fluss liegt vor ihr, still und glatt, es ist windstill, deshalb bleiben die Wellen unsichtbar. Sie hockt sich nieder, spürt das Gras zwischen ihren Fingern, das wie Sand verrinnt und grüne Spuren hinterlässt. Sie verharrt im Blick auf das Wasser, sucht ihr Gesicht, entdeckt nur weiche Bruchstücke, die verschwimmen, hat ihre Kanten verloren.
Als Emma fort geht, ist der Himmel grau. Es riecht nach Herbst und nach einer Schwere, die leicht zu ertragen ist. Die Dämmerung greift nach ihr mit kühlen Fingern, tastet nach ihrem Herz, hüllt es ein. Links oben, wo der Himmel dunkel wird, geht ein Stern auf, und irgendwo schreit wieder vergeblich ein Kind.
Nella Niemandsland - 8. Mai, 18:40
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