Sonntags-Silhouette (I)
Manchmal wünschte ich, ich könnte durch Mauern gehen. Einfach die Ziegel zur Seite schieben, den Schutt von den Schultern klopfen und dann sagen, als ob es ganz alltäglich wäre, dass ich die Mauer niedergerissen habe: Hallo, ich sehe dich jede Nacht, ich kenne deine Silhouette, die sich wie mit Wachsmalkreiden auf einem traurigen Bild gemalt abzeichnet, wenn die Straßen draußen klamm werden und du ganz oben in deiner Dachgeschosswohnung hinter den hohen Fenstern sitzt und dich kaum rührst, ein Schwarz-Weiß-Spiel mit Graustufen in der Dunkelheit der Nacht, wo wir alle Farben verlieren, wo niemand gewinnt, weder du, noch ich noch alle anderen, die hinter den Fenstern der Nacht harren, hoffen und hocken und wissen, dass der Morgen kommt und die Nacht danach.
Wer verbirgt sich hinter deinem Schatten, der jede Nacht auf mich fällt, warum brennt in deiner Wohnung immer nur ein kleines Licht, und was machst du jede Nacht, wenn du bewegungslos am Fenster sitzt und ich nur deine Umrisse erkenne? Welche Schmerzen versteckst du unter dem Mond, welche Sorgen hauchst du an die Scheiben, was verrätst du den Sternen, wenn du nach draußen blickst?
Vielleicht bist du wie ich und den Worten verfallen, vielleicht schreibst du über mich, die Frau da unten im zweiten Stock gegenüber, bei der auch immer nur ein kleines Licht brennt, aber das jede Nacht, die ihre blutroten Vorhänge nie aufgehängt hat und deshalb immer zu sehen ist, vielleicht siehst du mich auch ohne Farben durch die Nacht gehen, wenn die Unruhe mich ergreift und ich nicht wie du bewegungslos vor dem Computer verharren kann, sondern durch die Räume laufe, die Dielen blass wandere und in viel zu großen Klamotten friere, egal wie viel ich trage. Vielleicht siehst du mich morgens mit einer Tasse Kaffee durch das Wohnzimmer schlurfen, den Schlaf in den Augen, den Kummer im Herzen, und vielleicht runzelst du die Stirn, wenn du mich wieder mit Bierdose in der Hand erwischt, wie gerade eben, wie ich die Nacht auf der Straße beobachte, um nicht mich beobachten zu müssen, aber mein Blick immer wieder nach oben wandert zu den hohen Fenstern, hinter denen dein Schatten ebenso traurig hockt wie ich. Vielleicht siehst du die Geburtstagsblumen auf der Fensterbank, seit sechs Wochen unverändert, und ahnst zu riechen, wie sie einen modernden Geruch verströmen, aber das tun sie nicht, sie atmen wie ich in die Nacht und bewundern deine Silhouette, die so zuverlässig kommt wie die Finsternis, da oben, ohne Sterne, und dein blasser Schatten ohne Farben beruhigt mich irgendwie, weil die Einsamkeit offenbar nicht nur bei mir wohnt.
Wer verbirgt sich hinter deinem Schatten, der jede Nacht auf mich fällt, warum brennt in deiner Wohnung immer nur ein kleines Licht, und was machst du jede Nacht, wenn du bewegungslos am Fenster sitzt und ich nur deine Umrisse erkenne? Welche Schmerzen versteckst du unter dem Mond, welche Sorgen hauchst du an die Scheiben, was verrätst du den Sternen, wenn du nach draußen blickst?
Vielleicht bist du wie ich und den Worten verfallen, vielleicht schreibst du über mich, die Frau da unten im zweiten Stock gegenüber, bei der auch immer nur ein kleines Licht brennt, aber das jede Nacht, die ihre blutroten Vorhänge nie aufgehängt hat und deshalb immer zu sehen ist, vielleicht siehst du mich auch ohne Farben durch die Nacht gehen, wenn die Unruhe mich ergreift und ich nicht wie du bewegungslos vor dem Computer verharren kann, sondern durch die Räume laufe, die Dielen blass wandere und in viel zu großen Klamotten friere, egal wie viel ich trage. Vielleicht siehst du mich morgens mit einer Tasse Kaffee durch das Wohnzimmer schlurfen, den Schlaf in den Augen, den Kummer im Herzen, und vielleicht runzelst du die Stirn, wenn du mich wieder mit Bierdose in der Hand erwischt, wie gerade eben, wie ich die Nacht auf der Straße beobachte, um nicht mich beobachten zu müssen, aber mein Blick immer wieder nach oben wandert zu den hohen Fenstern, hinter denen dein Schatten ebenso traurig hockt wie ich. Vielleicht siehst du die Geburtstagsblumen auf der Fensterbank, seit sechs Wochen unverändert, und ahnst zu riechen, wie sie einen modernden Geruch verströmen, aber das tun sie nicht, sie atmen wie ich in die Nacht und bewundern deine Silhouette, die so zuverlässig kommt wie die Finsternis, da oben, ohne Sterne, und dein blasser Schatten ohne Farben beruhigt mich irgendwie, weil die Einsamkeit offenbar nicht nur bei mir wohnt.
Nella Niemandsland - 7. Okt, 20:52
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