Fliegengewicht
Unbeholfen versuchte sie, sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, die sich ganz plötzlich gelöst hatte.
„Ich soll zuschlagen? Einfach so?“
„Einfach so", nickte der Trainer.
„Konzentriere dich auf einen Punkt. Tief in dir. Den Punkt, wo all dein Zorn sitzt. Und wenn du ihn gefunden hast, balle ihn zusammen, lass ihn durch deinen Arm laufen und schlag dann mit voller Wucht zu“, erklärte er und deutete auf den Sandsack, der einen Meter vor ihr baumelte.
Sie sah ihn nicht an, sondern stierte scheinbar gelangweilt auf das eingerissene Leder des Sandsackes. Irgendwo prallte dumpf ein Körper auf eine Sportmatte. Dann war es wieder still.
Langsam atmete sie aus.
„Und das soll funktionieren?“ fragte sie skeptisch und ließ ihre Finger heimlich in den dicken Boxhandschuhen tanzen.
Er nickte und deutete ihr, anzufangen.
Vorsichtig trippelte sie auf der grünen Matte ein paar Zentimeter hin und her, tänzelte sich ihre Unsicherheit weg. Sie winkelte die Arme an, betrachtete die runden Handschuhe mit großen Augen, in denen kein Zorn zu sehen war.
Sie musste sich nicht konzentrieren. Die Wut war da, auch wenn keiner sie sah. Sie brauchte weder den Punkt in ihr suchen, noch die Vorstellung einer Person oder Situation heraufbeschwören. Sie wusste, wie die Wut aussah. Und ahnte erstmals, wie sie sie treffen konnte.
In ihren Fingern kribbelte es.
Sie schloss die Augen, sah die Farben der Dunkelheit unter ihren Lidern tanzen. Sie zauderte kurz, atmete tief ein - und ließ dann ihre Faust nach vorne schnellen.
Einmal. Zweimal. Dreimal. Sie atmete nicht aus, sondern schlug blind zu und hörte nur dumpf und wie unter einer Glasglocke das satte Klatschen, wenn ihre Faust auf den Sandsack traf.
Ein Schlag folgte dem anderen. Ein Schlag war besser als der andere.
Der Trainer schwieg verblüfft, als sie plötzlich inne hielt und wie eine Statue aus dem alten Ägypten verharrte, die göttergleich in ihrer Würde unantastbar ist.
Kein Hauch Atem kam über ihre Lippen, sie stand unbeweglich im Raum. Unmerklich breitete sich ein Ausdruck der Seligkeit auf ihrem Gesicht aus.
„An wen hast du gedacht?“ fragte er.
„Wen hast du geschlagen?“
Ihr Lächeln kam zögerlich, als sie laut ausatmete und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Und wurde breiter, als sie sagte: „Jemanden, der es verdient hat“.
Fast verwundert spürte sie den Schmerz, der in Zeitlupe unter ihrem Auge entlang ihres rechten Wangenknochens zu pochen begann.
Verblüfft beobachtete der Trainer, wie sich ihr Auge langsam blau verfärbte.
Sie lächelte und zuckte mit den Schultern.
„Ich sagte doch, ich habe es verdient“, murmelte sie, holte tief Luft und schlug erneut mit voller Wucht zu.
„Ich soll zuschlagen? Einfach so?“
„Einfach so", nickte der Trainer.
„Konzentriere dich auf einen Punkt. Tief in dir. Den Punkt, wo all dein Zorn sitzt. Und wenn du ihn gefunden hast, balle ihn zusammen, lass ihn durch deinen Arm laufen und schlag dann mit voller Wucht zu“, erklärte er und deutete auf den Sandsack, der einen Meter vor ihr baumelte.
Sie sah ihn nicht an, sondern stierte scheinbar gelangweilt auf das eingerissene Leder des Sandsackes. Irgendwo prallte dumpf ein Körper auf eine Sportmatte. Dann war es wieder still.
Langsam atmete sie aus.
„Und das soll funktionieren?“ fragte sie skeptisch und ließ ihre Finger heimlich in den dicken Boxhandschuhen tanzen.
Er nickte und deutete ihr, anzufangen.
Vorsichtig trippelte sie auf der grünen Matte ein paar Zentimeter hin und her, tänzelte sich ihre Unsicherheit weg. Sie winkelte die Arme an, betrachtete die runden Handschuhe mit großen Augen, in denen kein Zorn zu sehen war.
Sie musste sich nicht konzentrieren. Die Wut war da, auch wenn keiner sie sah. Sie brauchte weder den Punkt in ihr suchen, noch die Vorstellung einer Person oder Situation heraufbeschwören. Sie wusste, wie die Wut aussah. Und ahnte erstmals, wie sie sie treffen konnte.
In ihren Fingern kribbelte es.
Sie schloss die Augen, sah die Farben der Dunkelheit unter ihren Lidern tanzen. Sie zauderte kurz, atmete tief ein - und ließ dann ihre Faust nach vorne schnellen.
Einmal. Zweimal. Dreimal. Sie atmete nicht aus, sondern schlug blind zu und hörte nur dumpf und wie unter einer Glasglocke das satte Klatschen, wenn ihre Faust auf den Sandsack traf.
Ein Schlag folgte dem anderen. Ein Schlag war besser als der andere.
Der Trainer schwieg verblüfft, als sie plötzlich inne hielt und wie eine Statue aus dem alten Ägypten verharrte, die göttergleich in ihrer Würde unantastbar ist.
Kein Hauch Atem kam über ihre Lippen, sie stand unbeweglich im Raum. Unmerklich breitete sich ein Ausdruck der Seligkeit auf ihrem Gesicht aus.
„An wen hast du gedacht?“ fragte er.
„Wen hast du geschlagen?“
Ihr Lächeln kam zögerlich, als sie laut ausatmete und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Und wurde breiter, als sie sagte: „Jemanden, der es verdient hat“.
Fast verwundert spürte sie den Schmerz, der in Zeitlupe unter ihrem Auge entlang ihres rechten Wangenknochens zu pochen begann.
Verblüfft beobachtete der Trainer, wie sich ihr Auge langsam blau verfärbte.
Sie lächelte und zuckte mit den Schultern.
„Ich sagte doch, ich habe es verdient“, murmelte sie, holte tief Luft und schlug erneut mit voller Wucht zu.
Nella Niemandsland - 9. Mai, 22:05
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