Unter der Glasglocke
Sommernacht, halbweich. Die blassen Buchstaben mit trägen Traurigkeitstropfen statt systematischer Satzzeichen sind mit einem schillernden Schweißfilm bedeckt, der in der Abendsonne glitzert. Es ist nicht die Hitze, die auf die Stadt drückt, es sind die Sterne, die zu hoch leuchten und zu tief fallen, und Sehnsucht breitet sich aus, auf meinen halbgeschminkten Wimpern, meinen abgebrochenen Fingernägeln, meinem zerschrammten Knie. Dazwischen ist nichts. Hohlwangige Häuser ziehen vorsichtig schaukelnd an mir vorbei, die Zeit ist schwerelos, kraftlos, ruhelos, ich habe verlernt, mich zu bewegen und starre blind auf meine müden Glieder, die nicht zu mir gehören. Der Schaffner schlurft lautlos murmelnd an mir vorbei, er will keine Fahrkarte sehen, ich bin durchsichtig oder unter einer Glasglocke, er verrät es mir nicht und verschwindet holprig im Niemandslandzug. Dazwischen ist nichts. Das Zimmer der Nacht ist begraben in der Vergangenheit, wer darin träumen wird, will ich nicht wissen, ich habe keine Spuren hinterlassen, denen man folgen kann, mir folgt niemand. Warme Worte fehlen umso mehr, wenn sie im Traum auf der Haut tanzten, und zwischen Fragen, Wundern und Vorwürfen wartet die Hoffnung auf ihr Grab, mit einem Hauch Lavendel und ein bisschen Wehmut, von dir gebuddelt, mit warmer Hand. Dazwischen ist nichts.
„Wie geht es dir?“ fragt eine Stimme von vielen.
„Genau so“, antwortet meine einen Takt zu spät.
„Ich wusste nicht, warum ich zu weinen anfangen würde, aber ich wusste, wenn mich jemand anspräche oder zu genau ansähe, würden mir die Tränen aus den Augen und die Schluchzer aus der Kehle laufen, und ich würde eine Woche lang weinen. Ich spürte, dass die Tränen in mir schwappten und fast überliefen – wie Wasser in einem wacklig stehenden Glas, das zu voll ist.“
Wenn man traurig ist, darf man Sylvia Plath nicht lesen.
„Wie geht es dir?“ fragt eine Stimme von vielen.
„Genau so“, antwortet meine einen Takt zu spät.
„Ich wusste nicht, warum ich zu weinen anfangen würde, aber ich wusste, wenn mich jemand anspräche oder zu genau ansähe, würden mir die Tränen aus den Augen und die Schluchzer aus der Kehle laufen, und ich würde eine Woche lang weinen. Ich spürte, dass die Tränen in mir schwappten und fast überliefen – wie Wasser in einem wacklig stehenden Glas, das zu voll ist.“
Wenn man traurig ist, darf man Sylvia Plath nicht lesen.
Nella Niemandsland - 19. Jul, 23:05
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